Zukunftsvision

Nicht, dass ich England unbedingt zu den zukunftsorientiertesten Ländern zählen würde, aber ein Laden hier, hat mir heute vor Augen geführt, mit was wir in Deutschland vielleicht bald rechnen dürfen: Mit einem Raum – ohne Regale voller Waren, ohne freundliche Verkäufer, die einem ihre Hilfe anbieten, nur ein Raum. In der Mitte ein langer Tisch mit Katalogen. Dazu Papier und Stifte und eine kleine Computertastatur mit Display. Außerdem noch Kassen und eine Warenausgabe, das war’s!

Verkauft wird alles, was in den Katalogen zu finden ist. Man checkt über den Computer, ob die Ware im Lager ist, notiert die Artikelnummer, bezahlt an der Kasse und nimmt die auserwählte Kaufsache an der Warenausgabe in Empfang. Wenn das Schule macht, dann sieht die Zukunft unserer Verkäufer nicht rosig aus. Eine Geschichte wie im Media Markt könnte sich hier nicht abspielen. Beratung? Fehlanzeige.

Diese Geschäftsidee sollte in England bleiben. So wie meine Wunderkerzen in Deutschland.

Wunder über Wunder

Zu Silvester verschlägt es mich nach England. Der Plan: Gemeinsam mit meiner besten Freundin ins Jahr 2002 feiern. Das Problem: Das Datum. Es war wohl kein Zufall, dass der einzig freie Sitzplatz in einer Maschine war, die am 2. Weihnachtstag nach England flog. Leider stellte sich erst nach der Buchung heraus, dass am sog. „Boxing Day“ alle Verkehrssysteme aus London ihren Betrieb einstellen. Kein Bus, kein Zug, keine U-Bahn und meine Freundin hatte kein Auto. Blieb nur noch das Taxi. Nun ticken in England leider nicht nur die Uhren anders, sondern auch die Leute nicht mehr ganz richtig. Für eine 30-minütige Fahrt verlangt man dort 54 Pfund vom Fahrgast! Das sind 184 DM (94 €)!! So viel hat der Hinflug gekostet und da hab ich noch was zu essen bekommen! – Aber welche Wahl hatte ich? Meine Freundin ließ sich einen Tag zuvor noch 2 mal versichern, dass 54 Pounds „fixed price“ wären und so tauschte ich in Bremen 200 DM (60 Pfund) ein, um meine Taxifahrt zu gewährleisten.

Doch wie sagte ich anfangs so treffend: Die Leute dort ticken nicht ganz richtig! Kaum angekommen, war der Preis mal eben auf 81 Pounds gestiegen. Von „fixed price“ wollte da keiner mehr was wissen und ich sollte wohl noch dankbar sein, dass ich schließlich einen Fahrer fand, der mich für 60 Pfund fuhr, womit bereits eine Stunde nach meiner Ankunft mein gesamtes Geld weg war. Und das, wo ich am Bremer Flughafen für heute schon genug erlebt hatte!

Vor meiner Abreise hat die Flugsicherheit das Durchsuchen gesetzt. Bei einem Rucksack mit 2 Handys, einem Mini-Disc-Player, einer Videokamera und einer digitalen Foto-Kamera kann das schon mal einige Zeit in Anspruch nehmen. Als ich dann, ein paar Minuten vor dem Abflug, über die Sprechanlage zum Terminal 20 zurückgerufen wurde, hoffte ich nur, dass Flugzeug würde nicht ohne mich starten. Terminal 20 befand sich nämlich dort, wo ich zuvor meinen Koffer aufgegeben hatte. Also zurück durch den Metalldetektor und runter zum Check-in. Dort erwartete mich schon ein Mann: „Kommen Sie bitte mit!“ Durch zwei Panzertüren mit Chipkartenschloss wurde ich zu den Laufbändern des Koffertransports gebracht. Ein Bundesgrenzschutzbeamter nahm mich in Empfang und führte mich durch die riesige Halle zu einem Computerterminal, an dem ich meine Reisetasche wiederentdeckte.

Was zum Teufel hatte ich denn eingepackt?? Rindfleisch, radioaktive Kernspalt-Abfälle? *grübel* Nein, das lagerte alles brav daheim in meinem Kühlschrank.
„Ist das Ihre Tasche?“ fragte mich die Frau hinter dem Bildschirm mit der Röntgenaufnahme meines Hab und Guts. „Ja“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

„Würden Sie bitte die Wunderkerzen rausnehmen.“

Das berauschende Gefühl der Freiheit

Ich komme gerade von meiner letzten Vorlesung in diesem Jahr. Damit sie in nachhaltiger Erinnerung bleibt, haben wir heute, zum krönenden Abschluss, eine Klausur zum neuen Mietrecht geschrieben.

Jedes Mal, wenn ich den letzten Satz in einer Klausur vollendet und die DIN A 4 Blätter mit 1/3 Rand und Deckblatt beim Aufsichtspersonal abgegeben habe, durchströmt mich ein berauschendes Gefühl der Freiheit. Plötzlich erscheint wieder alles möglich. Die Zeit der Entbehrung zur Vorbereitung auf die Klausur hat ein Ende, nun geht das Leben in vollen Zügen weiter! Um diese Euphorie verstehen zu können, muss man einen Blick in die Zeit davor werfen:

Nur noch wenige Tage bis zur Klausur, ich sollte mich vorbereiten. Meine Absichten sind gut, aber irgendwie kommt ständig was dazwischen und sei es auch nur die Serie im Fernsehen, die ich eigentlich noch nie leiden konnte. Auf einmal gewinnt jede Kleinigkeit an Bedeutung, solange sie bloß nichts mit der Materie Jura zu tun hat. In dieser Zeit bin ich ein wahrer Quell an kreativen Ideen, die natürlich alle nach einer sofortigen Umsetzung verlangen. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, mal wieder das Klo zu putzen, weil alles glücklicher macht, als für eine Klausur zu lernen. Bevor die Stimmung in Schuldgefühle umschlägt, handle ich schließlich und beginne mit der Vorbereitung. 24 Stunden vor Klausurbeginn. Meist wird die Nacht dabei zum Tag und wenn’s gut läuft, bekomme ich noch 2 Stunden Schlaf bevor ich zur Uni muss. Kurz davor keimt freudige Erwartung in mir auf. Was wird mich für ein Sachverhalt erwarten? Welche Normen werden einschlägig sein? Wie wird sich der Fall lösen lassen?

Während des Schreibens kenne ich keine Nervosität. Lediglich eine unterschwellige Sorge, nicht in der verfügbaren Zeit fertig zu werden. Am Ende bin ich meistens von meinem Werk überzeugt und gebe die Arbeit mit einem positiven Gefühl ab. Die Erfahrung lehrte mich leider, dass dieses letztlich in keinem Zusammenhang mit der Bewertung steht. Dann verlasse ich den Tatort und schreite stolz zu meinem Fahrrad an der Laterne vor dem Hörsaal, wo es mich schon erwartet: Das berauschende Gefühl der Freiheit!

Der EURO ist da!

Endlich war es soweit! Was bisher nur auf Preisschildern und Reklametafeln zu sehen war, wurde für Manche heute greifbar: Der Euro!
Das sogenannte „Starter Kit“ für 20 DM machte es möglich. Den Nachrichten zufolge, soll der Run auf die Banken gewaltig gewesen sein. Schlangen standen vor den Schaltern und die „Starter Kits“ waren bereits am Nachmittag ausverkauft.

Ich stehe der Euro-Einführung etwas skeptisch gegenüber und das beginnt schon beim „Starter Kit“ für 20 DM. Bekomme ich dafür wirklich 20 DM in Euro ausgehändigt, oder beträgt der Gegenwert vermutlich nur 18,95 DM???

Der Euro an sich war ja mal ein guter Gedanke. Eine Währung für Europa. Das ist wie bei StarTrek: Mit goldgepresstem Latinum kann man fast überall bezahlen. Aber wie die Ferengis dort, wurde auch der Handel hier plötzlich raffgierig und missachtete die einfache Gleichung 1 € = 1,95583 DM, zu seinen Gunsten. Das sorgte für Preiserhöhungen auf breiter Front. Verständlich, dass meine Freude über den Euro dadurch gehemmt wurde. Zum Glück gibt es in dieser Zeit des Wechsels aber auch Beständiges: Die ARD-Fernsehlotterie blieb ihrem Slogan weitgehend treu:

„Mit 5 Euro sind Sie dabei!“

Quizfrage

Ich sollte viel öfter mit meiner Mutter einkaufen gehen! Heute überkam sie ihre Großzügigkeit im Media Markt, weshalb sie mir spontan und ohne besonderen Anlass eine CD schenken wollte. So etwas hört man doch gern! So gern wie die Sängerin, deren Album ich daraufhin suchen ging. Leider konnte ich mich nicht mehr an den Namen erinnern (war ja klar! Wenn’s mal was umsonst gibt!), aber das Personal im Media Markt ist sicher nicht blöd und kann mir helfen:

„Ich suche eine CD von der schwarzen Sängerin, die aussieht wie ein Mann. Irgendwas mit T, und sie hat vor kurzem ein „Best of“ herausgebracht.“

Keine Ahnung, warum mich der Verkäufer daraufhin so sparsam ansah. Das waren doch wirklich detaillierte Angaben. Wir suchten dann im Computer nach ihrem bekanntesten Lied. Der Titel war mir leider nur noch vage in Erinnerung. Irgendwas mit „Revolution“. Leider stand das Wunder der modernen Technik meiner Frage genauso hilflos gegenüber wie sein Anwender. Hier konnte ich auf keine weitere Unterstützung hoffen. Also wandte mich an einen anderen Verkäufer.

„Ich hab eine Quizfrage für Sie!“

„Was kann ich gewinnen?“

„Eine verkaufte CD, wenn Sie die richtige Antwort kennen. Ich suche das neue Album von der schwarzen Sängerin, die aussieht wie ein Mann. Sie hat vor kurzem ein „Best of“ herausgebracht.“

Im Gegensatz zu meinem letzten Kontakt, schien dieser Media Markt-Mitarbeiter im Geiste schon einige Interpretinnen in die engere Wahl zu nehmen und führte mich erst mal zu Marla Glenn.

„Zugegeben, die sieht auch aus wie ein Mann. Aber ich suche eine Sängerin mit T. Ein sehr bekanntes Lied von ihr hieß irgendwas mit „Revolution“…“

Das war der Hinweis, der ihm noch gefehlt hatte. Zielsicher steuerte er ein anderes Regal an, zog eine CD-Hülle heraus und drückte mir sein Fundstück in die Hand. Genau!! Das war sie! Das war die CD von Tracy Chapman!
Der Verkäufer erhielt das Preisgeld und ich mein Geschenk. Klassische Win-Win-Situation.