Patientin: Mutter

So eine Lebensmittelvergiftung fängt sich jeder irgendwann mal ein. Am Donnerstag hat es meine Mutter erwischt – dachten wir. Nach dem Verzehr eines bis dahin ungeöffneten Geflügelsalats nahm ihr Wohlbefinden rapide ab und während sie sich die Nacht über mehrfach übergeben musste, gelangte sie zu der Einsicht, dass eine aufgeblähte Verpackung womöglich ein schlechtes Omen war, selbst wenn das Verfallsdatum noch nicht erreicht wurde.

Am Freitag informierte sie mich per Telefon über ihre Verfassung. Ich riet ihr zum Arztbesuch. Meine Mutter war allerdings der Meinung, dass sich diese „Magenverstimmung“ auch ohne Arzt legen würde.

Am Samstagmorgen rief sie mich erneut an: „Ich muss ins Krankenhaus.“
Wenn ich solche Worte von meiner Mutter höre, dann ist es schlimm. Ich ließ sofort alles stehen und liegen und fuhr sie in die Notaufnahme. Zur unserer Überraschung lautete die erste Diagnose dort nicht Lebensmittelvergiftung sondern Hepatitis. Wir wurden daraufhin ins Krankenhaus geschickt. Nach Blutabnahme, Abtasten und Ultraschall folgte die zweite Diagnose: akute Entzündung der Gallenblase. Als medizinischer Laie meint man das mit Antibiotika in den Griff zu kriegen, aber auf diesen Vorschlag ernteten wir wenig Zuspruch von den 4 Ärzten, die plötzlich im Behandlungszimmer standen. Was meine Mutter dort unter der Bauchdecke hatte war eine tickende Zeitbombe, die nach einer unvorhersehbaren Explosion zu inneren Blutungen und zum Tod führen könnte. Es wurde sofort eine Not-OP angesetzt und keine 20 Minuten nach der Entscheidung wurde die Patientin narkotisiert. Ich wartete über 3 Stunden mit Blick auf das rote OP-Licht auf einen erfolgreichen Ausgang der Operation. Genug Zeit um sich klar zu werden, wie schnell man seine Mutter verlieren kann. Ganz unerwartet, wegen so etwas Unspektakulärem wie einer entzündete Gallenblase.

Das OP-Team hatte aufgrund der starken Entzündung zwar einiges zu tun, aber man beließ es bei der Laparoskopie (vier kleine Einschnitte, statt einem großen Bauchschnitt). Die Gallenblase wurde komplett entfernt. Die Oberärztin zeigte sich am Ende verwundert, dass meine Mutter erst seit zwei Tagen über Schmerzen klagte und ließ keinen Zweifel daran, dass die OP lebensnotwendig gewesen ist.

Placeboresistenz

Aufgrund von Unterleibschmerzen griff ich am Morgen in mein Medizinschränkchen – welches eine Schublade ist – und verabreichte mir etwas zur Schmerzlinderung. Da Stunden später noch immer keine Besserung eingetreten war, griff ich erneut zur Arznei und stellte ernüchternd fest, dass ich versehentlich eine Grippostad C (gegen Erkältung) und keine Ibuprofen (gegen Schmerzen) eingeworfen hatte.

Zwei Dinge wurden mir dadurch aufgezeigt:

1. Ich bin resistent gegen die Verabreichung von Placebos.
2. Ich sollte bei der Einnahme von Medikamenten mehr Aufmerksamkeit an den Tag legen.

Bild: PeterFranz, CC BY 2.0