Bloody Night

Nachdem ich am Montag noch darüber nachdachte, habe ich es gestern in die Tat umgesetzt und war tanzen. Die Aufwärmphase dauerte ein wenig. Der Laden war um halb 2 noch sehr voll und die Musik nicht wirklich gut. Das änderte sich, nachdem der DJ Gefallen an mir gefunden hatte. Ein äußerst kompetenter Mann. Er sah mich an und legte „September“ auf. Ab dem Zeitpunkt war es um mich geschehen und ähnlich muss es wohl auch den umliegenden Männern ergangen sein, denn meine Anmachquote stieg während des Tanzens beachtlich. Hauptanliegen der Mutigen: Ein Tanz mit mir. Aber solche Gefallen hab ich mir abgewöhnt, denn wenn man damit erst mal anfängt, kommen sie alle. Diese Erklärung wollte der 27-jährige Elias nicht gelten lassen und entpuppte sich als ziemlich hartnäckig. Sein Glück, dass er nebenbei noch süß war, sonst wäre er mit mir nicht so weit gekommen. Und er ist weit gekommen. Und zwar bis nach draußen vor die Diskothek. Hier wollte ich ihm noch mal unmissverständlich klarmachen, dass ich meine Telefonnummer nicht rausgeben werde und auch an seiner nicht interessiert bin, da ich einen geliebten, südländischen, eifersüchtigen Freund habe. Schien ihn nicht zu schocken. Während ich mich also zum Auto begab, um den Heimweg anzutreten, hatte ich einen treuen Begleiter an meiner Seite, der mich unermüdlich zu einem Wiedersehen überreden wollte. So schlenderten wir gemeinsam die Straße entlang und sahen dabei zu, wie ein junger Mann vom Gehweg plötzlich brüllend auf die Fahrbahn lief, von einem Auto erfasst wurde, mit voller Wucht auf die Windschutzscheibe schlug, einen Salto über das Wagendach machte und seine Kür jäh auf dem Asphalt beendete. Ich kommentierte das Geschehen mit den Worten: „Scheint, als blieben wir heute Nacht doch noch länger zusammen.“

Die Sanitäter wurde telefonisch von einem geistesgegenwärtigen Taxifahrer organisiert und so drapierten wir uns zurückhaltend am Straßenrand, um unsere Zeugenaussage aufnehmen zu lassen. Während die potentielle Freundin des Lebensmüden hysterisch neben ihm kniete und nach einem Krankenwagen schrie (was angesichts der strammen Blutmenge, die aus seinem Kopf lief und über die Straße den Weg zum Rinnstein suchte, nicht unangebracht war), erkundigte ich mich beim Fahrer des Unglückswagens nach seinem Befinden. Der ältere Mann stand unter Schock, war ganz ruhig und bemerkte lediglich, dass er zur Arbeit müsse. Ich warf einen Blick auf die Reste seiner Windschutzscheibe und äußerte die Vermutung, dass daraus wohl so schnell nix werden würde. Kurz darauf trafen auch schon Freund und Helfer ein und nahmen unsere Personalien auf: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass Sie vor Gericht als Zeugen aussagen müssen.“ Damit hatte ich gerechnet und es traf sich eigentlich ganz gut. So konnte ich Elias das gewünschte Wiedersehen in Aussicht stellen. Vor Gericht.

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