Ich komme gerade von meiner letzten Vorlesung in diesem Jahr. Damit sie in nachhaltiger Erinnerung bleibt, haben wir heute, zum krönenden Abschluss, eine Klausur zum neuen Mietrecht geschrieben.
Jedes Mal, wenn ich den letzten Satz in einer Klausur vollendet und die DIN A 4 Blätter mit 1/3 Rand und Deckblatt beim Aufsichtspersonal abgegeben habe, durchströmt mich ein berauschendes Gefühl der Freiheit. Plötzlich erscheint wieder alles möglich. Die Zeit der Entbehrung zur Vorbereitung auf die Klausur hat ein Ende, nun geht das Leben in vollen Zügen weiter! Um diese Euphorie verstehen zu können, muss man einen Blick in die Zeit davor werfen:
Nur noch wenige Tage bis zur Klausur, ich sollte mich vorbereiten. Meine Absichten sind gut, aber irgendwie kommt ständig was dazwischen und sei es auch nur die Serie im Fernsehen, die ich eigentlich noch nie leiden konnte. Auf einmal gewinnt jede Kleinigkeit an Bedeutung, solange sie bloß nichts mit der Materie Jura zu tun hat. In dieser Zeit bin ich ein wahrer Quell an kreativen Ideen, die natürlich alle nach einer sofortigen Umsetzung verlangen. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, mal wieder das Klo zu putzen, weil alles glücklicher macht, als für eine Klausur zu lernen. Bevor die Stimmung in Schuldgefühle umschlägt, handle ich schließlich und beginne mit der Vorbereitung. 24 Stunden vor Klausurbeginn. Meist wird die Nacht dabei zum Tag und wenn’s gut läuft, bekomme ich noch 2 Stunden Schlaf bevor ich zur Uni muss. Kurz davor keimt freudige Erwartung in mir auf. Was wird mich für ein Sachverhalt erwarten? Welche Normen werden einschlägig sein? Wie wird sich der Fall lösen lassen?
Während des Schreibens kenne ich keine Nervosität. Lediglich eine unterschwellige Sorge, nicht in der verfügbaren Zeit fertig zu werden. Am Ende bin ich meistens von meinem Werk überzeugt und gebe die Arbeit mit einem positiven Gefühl ab. Die Erfahrung lehrte mich leider, dass dieses letztlich in keinem Zusammenhang mit der Bewertung steht. Dann verlasse ich den Tatort und schreite stolz zu meinem Fahrrad an der Laterne vor dem Hörsaal, wo es mich schon erwartet: Das berauschende Gefühl der Freiheit!