Angst vor Spinnen

Es ist in unseren Breitengraden völlig überzogen Angst vor Spinnen zu haben. Die Tiere tun einem nichts. Dennoch kann auch ich mich – trotz dieses Wissens – nicht davon freimachen zu erschrecken, wenn ich unerwartet auf eine Spinne treffe.

Allerdings hatte ich kürzlich kein Problem mit einer Spinne unter meinem Schreibtisch. Sie hatte sich dort in einer Ecke häuslich eingerichtet und störte mich nicht. Erst als sie eines Tages nicht mehr in der Ecke saß, missfiel es mir.

Das war eine interessante Erkenntnis. Ich glaube, die Furcht vor Spinnen hängt mit einem unliebsamen Kontrollverlust zusammen. Spinnen können sich schnell bewegen. Sie sind klein, verschwinden rasch aus dem Blickfeld und manche springen sogar unvermittelt durch die Gegend. Das überrascht, erschreckt und macht es schwer sie im Auge zu behalten.
Schnecken beispielsweise kriechen langsam und können sich unserem Zugriff nicht durch rasche Bewegungen entziehen. Wir haben die Kontrolle und verspüren höchstens Eckel, aber keine Angst vor ihnen.

Vom Aussehen her schrecken mich Spinnen nicht. Vom Kopf her, weiß ich, dass sie keine Gefahr darstellen. Würden sie so langsam krabbeln wie Marienkäfer, gäbe es diesen Text hier nicht zu lesen.

Patientin: Mutter

So eine Lebensmittelvergiftung fängt sich jeder irgendwann mal ein. Am Donnerstag hat es meine Mutter erwischt – dachten wir. Nach dem Verzehr eines bis dahin ungeöffneten Geflügelsalats nahm ihr Wohlbefinden rapide ab und während sie sich die Nacht über mehrfach übergeben musste, gelangte sie zu der Einsicht, dass eine aufgeblähte Verpackung womöglich ein schlechtes Omen war, selbst wenn das Verfallsdatum noch nicht erreicht wurde.

Am Freitag informierte sie mich per Telefon über ihre Verfassung. Ich riet ihr zum Arztbesuch. Meine Mutter war allerdings der Meinung, dass sich diese „Magenverstimmung“ auch ohne Arzt legen würde.

Am Samstagmorgen rief sie mich erneut an: „Ich muss ins Krankenhaus.“
Wenn ich solche Worte von meiner Mutter höre, dann ist es schlimm. Ich ließ sofort alles stehen und liegen und fuhr sie in die Notaufnahme. Zur unserer Überraschung lautete die erste Diagnose dort nicht Lebensmittelvergiftung sondern Hepatitis. Wir wurden daraufhin ins Krankenhaus geschickt. Nach Blutabnahme, Abtasten und Ultraschall folgte die zweite Diagnose: akute Entzündung der Gallenblase. Als medizinischer Laie meint man das mit Antibiotika in den Griff zu kriegen, aber auf diesen Vorschlag ernteten wir wenig Zuspruch von den 4 Ärzten, die plötzlich im Behandlungszimmer standen. Was meine Mutter dort unter der Bauchdecke hatte war eine tickende Zeitbombe, die nach einer unvorhersehbaren Explosion zu inneren Blutungen und zum Tod führen könnte. Es wurde sofort eine Not-OP angesetzt und keine 20 Minuten nach der Entscheidung wurde die Patientin narkotisiert. Ich wartete über 3 Stunden mit Blick auf das rote OP-Licht auf einen erfolgreichen Ausgang der Operation. Genug Zeit um sich klar zu werden, wie schnell man seine Mutter verlieren kann. Ganz unerwartet, wegen so etwas Unspektakulärem wie einer entzündete Gallenblase.

Das OP-Team hatte aufgrund der starken Entzündung zwar einiges zu tun, aber man beließ es bei der Laparoskopie (vier kleine Einschnitte, statt einem großen Bauchschnitt). Die Gallenblase wurde komplett entfernt. Die Oberärztin zeigte sich am Ende verwundert, dass meine Mutter erst seit zwei Tagen über Schmerzen klagte und ließ keinen Zweifel daran, dass die OP lebensnotwendig gewesen ist.

Traumatische Sprengung

Ich wohne in einem großen Hochhaus mit knapp 40 Etagen. In meiner kleinen 25qm Wohnung horte ich alles, was mir lieb und teuer ist. Als es an der Tür klopft, steht ein Mann mit Helm davor und teilt mir mit: „Wir sprengen in 15 Minuten, bitte verlassen Sie jetzt das Gebäude.“

Sprengung!?! Was ich zuerst für einen schlechten Witz halte ist bittere Realität. Schon vor Monaten wurde bekannt gegeben, dass mein Heim heute dem Erdboden gleichgemacht werden soll. Die Sprengladungen sind bereits überall befestigt. Die Flure und Wohnräume leergefegt, nur ich wusste von nichts! Ich blicke in meine Wohnung: Der Fernseher läuft, der Abwasch ist noch nicht gemacht und der Papierkram ist über den Schreibtisch verteilt.

Noch 14 Minuten.

Was soll ich mitnehmen? Ich kann nicht alles auf einmal tragen und wenn ich aus dem Haus bin, wird mich die Polizei nicht zurück gehen lassen. Schweißausbrüche. Panik! Ich versuche meine Mutter zu erreichen. Sie geht nicht ans Telefon. Währenddessen greife ich immer wieder nach anderen Gegenständen, entscheide mich jede Sekunde um, was noch wichtiger wäre gerettet zu werden. Pass, Papiere, Tagebuch, Andenken, Geld, Kunstgegenstände … Alles was ich jetzt zurücklasse wird zerstört werden. In genau 10 Minuten.

Ich krame meine Reisetasche raus. Sie ist nicht groß genug. Ich habe einfach zu viel! Was davon ist am ehesten unwiederbringlich? Was ist am wertvollsten? Ich kann nicht denken, die Zeit sitzt mir zu stark im Nacken. Vermutlich übersehe ich etwas. Etwas Wichtiges werde ich im Stress zurücklassen. Es wird mir einfallen, sobald ich die Grundmauern mit einem großen Knall in sich zusammensacken sehe.

Megaphonedurchsage. Sirene. Ich muss raus. Ein letzter Blick und der Griff zur voll gepackten Reisetasche.

Ein Alptraum! Und was für einer! Gestresst wache ich auf. Kein Hupsignal, keine Sprengung, keine Panik mehr. Nur noch ein aufgeregt klopfendes Herz in meiner Brust, das sich erst langsam wieder beruhigt.