Hannelore Krumpp (K) ist Franchisenehmerin von „Dentalmed“ in Hamburg. Auf einer Radtour durch den Harz verunglückte sie am 1. Mai 1997 auf einer nicht asphaltierten Forststraße vom Brocken hinunter nach Wernigerode schwer. Zu dem Unfall war es gekommen, weil auf einer holprigen Wegstrecke das mit einem sogenannten Schnellspanner gehaltene Vorderrad infolge nicht mehr richtig sitzender Hebelstellung aus der Halterung gesprungen war.
Der Sturz endete für K mit Brüchen des linken Unterarms und des linken Schlüsselbeins, schweren Kopfverletzungen sowie zahlreichen Prellungen und Hautabschürfungen. K wurde 10 Tage lang in einem Krankenhaus in Wernigerode behandelt und mußte anschließend für weitere 14 Tage das Bett in ihrer Hamburger Wohnung unter ärztlicher Aufsicht hüten. Ihr Geschäft mußte K für drei Wochen schließen. In dieser Zeit konnte sie auch die sonst aushilfsweise zu Bruttokosten von 230 DM pro Woche bei ihr tätige Studentin Carolin nicht beschäftigen.
Das von K gefahrene Trekking-Fahrrad wird von dem tschechischen Zweiradhersteller Z in Kladno gefertigt. In die Bundesrepublik eingeführt wird es von dem Zweirad-Großhändler G in Hannover. G vertreibt das Fahrrad mit dem ursprünglichen Markennamen „Kocka“ (Katze) unter dem Handelsnamen „Wildcat“. Geliefert wird das Fahrrad auf Modulbasis, so daß es von den Fahrradhändlern nach Kundenwünschen in unterschiedlicher Ausstattung endmontiert werden muß. K hatte das Fahrrad am 18. Oktober 1996 bei dem Hamburger Fachhändler „Radschlag“ GmbH (R) zum Preis von 1850 DM gekauft. R hatte das Fahrrad nach Wünschen der K angepaßt und montiert.
Nach der für Fahrräder im öffentlichen Straßenverkehr geltenden DIN 79 100 kann bei Verwendung von Naben mit Schnellspannern der Vorderradhalter entfallen. Dessen ungeachtet tauchten in den Jahren 1995/96 in der Fachpresse im Zusammenhang mit Touren- und Testberichten Hinweise auf gefährliche Zwischenfälle bei Fahrrädern der Marken „Kocka“ bzw. „Wildcat“ auf. Vor allem vor robusteren Fahrradtouren war es demnach geboten, Schnellspanner auf die richtige Stellung zu überprüfen. Auch dem bei R für die Technik verantwortlichen Geschäftsführer Martin (M) waren solche Meldungen zu Ohren gekommen; sie hatten ihn aber nicht zu Anweisungen im Hinblick auf die Kundenberatung veranlaßt.
Die mitgelieferte Betriebsanleitung, die von G ins Deutsche, Englische und Französische übersetzt worden ist, enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit, die richtige Stellung des Spannhebels jeweils vor Fahrtantritt zu überprüfen.
Für Qualitätssicherung und Produktsicherheit im Bereich Fahrrad ist bei G die Vertriebsingenieurin Imke (I) verantwortlich. Sie gehört zugleich einem Arbeitskreis „Zweiradsicherheit“ des DIN (Deutsches Institut für Normung e.V.) an. Dort sind Probleme mit Befestigungshebeln am Vorderrad bereits erörtert worden, konkrete Empfehlungen wurden bisher nicht gefaßt. Bekannt ist, daß andere Hersteller aus Sicherheitsgründen dazu übergegangen sind, bei Schnellspannvorrichtungen Vorderradhalter als Ausfallsicherungen einzubauen. I hatte sich das Thema „Probleme mit dem Schnellspanner“ für die nächste routinemäßige Besprechung mit dem Hersteller in Kladno notiert, war aber aufgrund ihrer Arbeitsüberlastung bei G (sie ist dort allein verantwortlich für Fragen der Produktsicherheit von insgesamt sieben Zweiradherstellern) zu Entscheidungen und Maßnahmen noch nicht gekommen.
Z bestreitet seine Haftung damit, dass seine Konstruktion einschlägigen Normungsanforderungen entspreche und deshalb kein Fehler vorliege. Werde die richtige Stellung des Schnellspannhebels vom Fahrer nicht geprüft, dann werde das Fahrrad nicht bestimmungsgemäß gebraucht; das falle jedoch in die Verantwortung der Kunden. G macht geltend, dass sie lediglich Importeurin und Großhändlerin und deshalb für die Qualität von Konstruktion und Instruktion nicht verantwortlich sei. Das besondere Gefahrenwissen ihrer Mitarbeiterin I könne ihr nicht zugerechnet werden. I verweist auf Überlastung und die nicht abgeschlossene Meinungsbildung der Experten. M und R bestreiten, dass den Fahrradhändler irgendeine produktbezogene Haftung treffen könne.
Welche Ansprüche wird K bzw. ihr Krankenversicherer Euro-Versicherungs AG (EVAG) durchsetzen können?
Wer möchte lösen?
Wer hat überhaupt bis hierhin gelesen?