Das Dschungelcamp 2011

Die diesjährige Staffel von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ war eine besondere. Wer es sah, hat es gemerkt und wer es nicht sah, hat es irgendwo gelesen. Zum Beispiel in der taz.

Es hat Gründe, warum 2011 deutlich mehr Akademiker die Sendung verfolgten. Welche das sind, scheint aber nicht ganz klar zu sein. Prof. Bleicher, Medienwissenschaftlerin an unserer Uni, sieht das Erfolgsrezept der Show darin, dass die Zuschauer sich an den Qualen der Kandidaten weiden wollen und die Möglichkeit lieben, direkten Einfluss auf diese nehmen zu können. Zum Bsp. indem sie Sarah fortwährend zur Dschungelprüfung schickten. Diese Begründung mag jene Zuschauer erklären, die auch schon die letzten Staffeln verfolgt haben, aber sie erklärt nicht den Zuwachs.

Das Konzept hat sich in den Jahren nicht verändert. Das einzige, was jedes Mal anders ist sind die Teilnehmer. So kam die Vermutung auf, dass Rainer Langhans für die intellektuellen Zuschauer gesorgt haben könnte. Das bezweifle ich jedoch. Was Rainer nämlich mit allen Dschungelkollegen teilt, ist sein schwindender Bekanntheitsgrad. Keiner von ihnen hatte anfangs eine derart starke Fanbase, um die Rekordeinschaltquoten zu erklären.

Das wahre Erfolgsgeheimnis lag in der Art, wie die Teilnehmer miteinander umgingen. Das Niveau glich mehr einer Talkrunde zur späten Abendstunde, als der Talk-Show zur Mittagszeit. Ihre Kommunikation war nicht primitiv. Als Indira von Eva das Palmendach geklaut wurde, blieb sie besonnen und wurde ihrer Mitbewohnerin gegenüber NICHT ausfallend. Das überraschte und beeindruckte mich. Auch Jay, den ich als oberflächlichen Schönling ansah, vermochte es, sich klar zu artikulieren und war in hitzigen Diskussionen nicht mundtot zu kriegen. Auch das überraschte mich positiv und brachte ihm meine Sympathie ein. – Bis zum Sarah-GAU.

An dem Tag wurde das Camp zur reizvollen Drama-Serie. Es gab Geheimnisse, Intrigen, Falschspieler, Fehlgeleitete und Ausgegrenzte mit denen man mitfühlte. RTL hatte Mühe alle Geschehnisse in die zur Verfügung stehende Sendezeit zu packen und ließ erstmals ganze Schatzsuchen weg. Der Fokus lag nicht mehr auf den Dschungelprüfungen, sondern auf den zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen und das zwar ein weiterer Grund für den Zuschauerzuwachs. Es mag bestimmt eine Menge Menschen geben, die sich am Leid und Ekel anderer weiden können, aber ich hege die Vermutung, dass diejenigen, die dieser Sendung 2011 zum Quotenhoch verhalfen, nicht dazu gehören. Ich zumindest muss niemanden püriertes Rattenhirn trinken sehen. Dafür bin ich zu empathisch. Viel interessanter fand ich das Memoryspiel, bei dem ich meine eigene Erinnerung testen konnte.

Ein Drehbuch hätte den Ablauf nicht spannender gestalten können. Als Sarah „einfach mal die Wahrheit“ sagte, wurde der Zuschauer ebenso kalt erwischt wie die Campbewohner und RTL selbst. Ich fühlte mich wie in einer Mischung aus „Lie to Me“ und „The Mentalist“, als ich Indiras und Jays Reaktion beobachtete und erste Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit in mir aufkamen. Danach konnte ich die beiden nicht mehr unbefangen betrachten. Meine vorherige Sympathie war ins Wanken geraten und ich verstand daher auch Mathieus Sorge, um den Ruf der Beschuldigten. Ich verstand allerdings nicht, woher er seine Gewissheit nahm, dass Sarah die Lügnerin war und ich rechnete es Peer hoch an, dass er sich nicht vereinnahmen ließ. Weder am Tag der Eskalation, noch in der Folgezeit, in der man es ihm wirklich schwer machte. Diese Haltung imponierte. Und nicht nur mir. Dümpelte Peer vor Sarahs Abgang in der Gunst der Zuschauer noch so tief unten, dass sein eigener Auszug nicht weit entfernt war, schoss er am 25.01.11 – from zero to hero – an die Spitze.

Nach dem Eklat zeigte sich RTL investigativ und machte es sich zum Ziel, das Schauspiel des Camppärchens aufzudecken und die Darsteller bloß zu stellen. Im Schnitt und den Kommentaren offenbarte sich eine Boshaftigkeit, die vermuten lässt, dass auch der Sender anfangs auf Indira und Jay hereingefallen war und nun Rache nahm. An diesem Punkt seien die Cutter erwähnt, die ebenfalls ihren Beitrag zum Erfolg leisteten. Zum Beispiel: Indiras Lästerei über Peers Beziehung und Peers Liebesbotschaft an seine Freundin Bella: Perfekt kombiniert und in Szene gesetzt.

Fern ab von jedem Jerry-Springer-Showdown, waren es die leisen Gesten und Blicke die berührten; Die ehrlichen Gefühlsregungen. Als Peer erzählte, dass er seine Freundin vermisst und dann verstummte und ins Dickicht sah, um seine Tränen zu unterdrücken, war das bewegender als ein Liebesgeständnis direkt in die Kamera, von so manch anderer. Auch Mathieus liebloser Abschied von Peer hätte keinen Kommentar aus dem Off gebraucht, um bemerkt zu werden. Obwohl er so kurz war.

Das waren die Gründe für den Erfolg der diesjährigen Ausgabe von „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ – Aus meiner Sicht.

Neue Regeln im Dschungel

Die Sendung ICH BIN EIN STAR, HOLT MICH HIER RAUS hat die Voting-Regeln geändert: Nun entscheiden nicht mehr die Zuschauer, wer die Dschungel-Prüfungen absolviert, sondern die Prominenten selber, in einer geheimen Abstimmung. Das Publikum kann (nur) noch bestimmen, wer im Camp verweilen darf (dadurch bleibt die kostenpflichtige Nummer als Einnahmequelle weiter im Einsatz).

Die Änderung kommt für den prüfungsgebeutelten Küblböck ja wie gerufen.

Manipulation im Dschungel

Na, das hat RTL ja wieder geschickt eingefädelt! Nachdem die Macher von ICH BIN EIN STAR – HOLT MICH HIER RAUS erleben durften, wie sehr Deutschland Daniel Küblböck „liebt“, war es Zeit zu handeln, bevor der Liebling der Nation noch den Namen der Sendung in den australischen Urwald ruft, um komplett aus der Sendung auszuscheiden.

Wer könnte es dem ehemaligen DSDS-Kandidaten verdenken? Die Zuschauer wollten Küblböck in jeder bisherigen Dschungelprüfung sehen: Man jagte ihn über die Teufelsbrücke, ließ ihn im Kakerlakensarg liegen und steckte ihn ins Terror-Aquarium. Um Daniels Prüfungsserie zu beenden, zauberte die Produktion jetzt einen neuen Buhmann aus den Hut. Vielmehr eine Buhfrau: Caroline Beil – die Dschungelzicke.

Ihre Lästereien über die Campkollegen wurden im Fernsehen rauf und runter gespielt, serviert mit bissigen Kommentaren der Moderatoren. Es galt Stimmung zu machen. Zu Daniels Rettung oder auch nur, um glaubhaft zu machen, dass die Zuschauer nunmehr Caroline für die 4. Dschungelprüfung wählten.

Nun steht die Frage im Raum: Lässt sich das Publikum wirklich so einfach manipulieren? Oder wurde hier am Ende ohne das Publikum manipuliert?

Der Bachelor III

Heute stand der Familien-Besuch auf der Liste des Bachelors. Zum Schwiegermuttercheck ging es in die Heimatstadt der jeweiligen Kandidatin und dort zum gemeinsamen, „völlig ungezwungenen“ Sit-in an einen immer stilvoll gestalteten Esstisch.

Überall natürlich feinster Wein und kleine Häppchen im Angebot. Bei manchen Eltern war das Drehen zu Hause wohl nicht realisierbar, also musste kurzerhand eine neue Location zum Speiseraum umfunktioniert werden (Boot, Lagerhalle). Und wo nicht Mutter UND Vater zur Verfügung standen, wurde der Rest der Familie (Bruder, Tante) zusammengekratzt.

Das Familientreffen lief in jeder Stadt nach einem sich wiederholenden Muster ab: Marcel und eine Kandidatin treffen sich, gehen gemeinsam ein paar Schritte zum Treffpunkt mit den Eltern, Marcel überreicht der Mutter einen Blumenstrauß und sie begeben sich zum Plausch an den Tisch. Man sollte es nicht glauben, aber selbst ein solch einfacher Ablauf ließ mich völlig neue Qualitäten an Marcel entdecken! So war es fast ein kleines Wunder, wenn er auf Kommando einen prachtvollen Blumenstrauß hervorzauberte, den er wenige Minuten zuvor noch nicht in den Händen gehalten hatte.

Das war schon mehr als magisch, das war schon merkwürdig. Aber zumindest nicht unerklärlich, denn man darf ja nicht vergessen, wenn 2 Personen allein über ein leeres Gelände spazieren, dann stehen hinter der Kamera mindestens 5 weitere. Eine davon halt mit Blumenstrauß.

Der Bachelor II

Dass der Bachelor nicht ganz so wohlhabend ist, wie die gleichnamige Sendung ihn darstellt, ist mittlerweile bekannt. Zu Marcels Verteidigung sei erwähnt, dass er selbst niemals behauptet hat reich zu sein. Das Produktionsteam setzt mit ihren Drehorten und durch Hilfe der Requisite alles daran, diesen Eindruck zu vermitteln.

Aber nicht nur der Mann wird uns hier im besten Licht präsentiert. Auch die Kandidatinnen sind von Kopf bis Fuß das Ergebnis eines erfolgreichen Kostüm- und Maskenbildnereinsatzes. Es ist doch nicht normal, dass die Frauen bei allen Dates erscheinen, als seien sie soeben dem Modekatalog entsprungen. Nein, perfektes Outfit und Make-up fallen in den Aufgabenbereich der Produktion und werden dem jeweiligen Anlass entsprechend ausgewählt.

Als „Miss Schornstein“ in der heutigen Folge die Sachen für den gemeinsamen Liebesausflug nach Paris packte, waren es sicher nicht ihre nagelneuen, knallroten Rimowa-Köfferchen, die sie damit füllte. (Allein der Beauty Case kostet 239 Euro) Es waren vermutlich noch nicht einmal ihre Klamotten. Ebenso wenig wie die Villen, die Limousinen und die zahlreichen Date-Ideen von Marcel kommen. Keine einzige Datebox wird er gestaltete und vermutlich auch keine der darin enthaltenen Nachrichten wirklich geschrieben haben.

Der Bachelor

Für den Grad des Bachelor of Laws (ein akademischer Abschluss) benötigt man, im Gegensatz zur klassischen Juristenausbildung, lediglich sechs Semester. Nur 6 Wochen benötigt DER BACHELOR (engl. für Junggeselle) des neuen RTL-Lovetainment-Formates, um seine Traumfrau zu finden.

Ein Harem von 25 Frauen steht dem knapp 30-jährigen Marcel dafür zur Verfügung. Am Ende jeder Folge steht die Nacht der Rosen: Nur wer vom Bachelor eine rote Rose überreicht bekommt (und sie auch annimmt), darf in der eindrucksvollen Villa in Südfrankreich verweilen.

Das erinnert ein wenig an die Produktionen Wer heiratet den Millionär? (Sat.1) und Ich heirate einen Millionär (RTL-Version mit 45 Kandidatinnen), die offenbar gut beim Publikum ankamen. RTL 2 schickt daher ab dem 12. Januar 2004 El, der Millionär ins Rennen. Das wohl ehrlichste Format von allen, denn hier gibt der Sender offen zu, dass El gar kein Millionär ist. Allerdings nur den Zuschauern gegenüber. Die 12 Kandidatinnen meinen um die Gunst eines echten Millionärs zu buhlen. Da fragt sich, wer am Ende glücklicher sein wird, die Gewinnern oder die Ausgeschiedenen.