Messer, Gabel, Schere, Licht …

Gegen Mittag ging es zurück nach Deutschland. England machte mir den Abschied leicht. Vor allem, weil es für schier endlose Minuten erneut so aussah, als würde ich meinen Flug nicht rechtzeitig erreichen. Wieder begann alles beim Sicherheitscheck. Meine Reisetasche war bereits aufgegeben und so voll, dass ich meinen Kulturbeutel noch in den Rucksack quetschen musste. Natürlich wurde er herausgepickt und einer genauen Kontrolle unterzogen. Ziel der Suche war eine filigrane Nagelschere.

Im Gegensatz zum Verlust der Wunderkerzen in Bremen, war der Verlust der Nagelschere – wie alles in England – gleich 3-mal so teuer. 20 Mark hatte mich die Anschaffung einst gekostet. Das dünne Scherenblatt und die hervorragende Funktionalität rechtfertigten den Preis, doch als ich die Schere in England zurücklassen musste, wünschte ich, es wäre nicht die beste gewesen, die ich je hatte.

Ja, seit der amerikanischen Flugzeugkatastrophe im September hat sich einiges geändert. Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind plötzlich gar nicht mehr, oder nur noch in kleinen Dosen erlaubt. Wortwörtlich. Der Inhalt teuerster Cremetiegel wird rigoros dezimiert, bis der maximal gestattete Füllstand erreicht ist. Für Gegenständliches bietet der Flughafen London Gatwick eine Lagerung an. Kostenpflichtig. Vielleicht eine Grund, weshalb man es mit der Aufstellung einer Übersichtstafel aller verbotener Handgepäck-Inhalte nicht so eilig hat? Eine solche hätte ich mir vor der Gepäckaufgabe gewünscht! Dann wäre die kleine Schere in der Reisetasche verblieben. Anders als Wunderkerzen, dürfen Nagelscheren in Koffern transportiert werden. Nur halt nicht im Handgepäck. Jetzt war die Chance vertan.

Glück im Unglück: Meine Freundin hatte mich zum Flughafen begleitet. Ihr durfte ich mein Eigentum unter den wachsamen Augen des Sicherheitspersonals aushändigen. Sie wird die Schere bis zu unserem Wiedersehen verwahren. Kostenlos.

Wunder über Wunder

Zu Silvester verschlägt es mich nach England. Der Plan: Gemeinsam mit meiner besten Freundin ins Jahr 2002 feiern. Das Problem: Das Datum. Es war wohl kein Zufall, dass der einzig freie Sitzplatz in einer Maschine war, die am 2. Weihnachtstag nach England flog. Leider stellte sich erst nach der Buchung heraus, dass am sog. „Boxing Day“ alle Verkehrssysteme aus London ihren Betrieb einstellen. Kein Bus, kein Zug, keine U-Bahn und meine Freundin hatte kein Auto. Blieb nur noch das Taxi. Nun ticken in England leider nicht nur die Uhren anders, sondern auch die Leute nicht mehr ganz richtig. Für eine 30-minütige Fahrt verlangt man dort 54 Pfund vom Fahrgast! Das sind 184 DM (94 €)!! So viel hat der Hinflug gekostet und da hab ich noch was zu essen bekommen! – Aber welche Wahl hatte ich? Meine Freundin ließ sich einen Tag zuvor noch 2 mal versichern, dass 54 Pounds „fixed price“ wären und so tauschte ich in Bremen 200 DM (60 Pfund) ein, um meine Taxifahrt zu gewährleisten.

Doch wie sagte ich anfangs so treffend: Die Leute dort ticken nicht ganz richtig! Kaum angekommen, war der Preis mal eben auf 81 Pounds gestiegen. Von „fixed price“ wollte da keiner mehr was wissen und ich sollte wohl noch dankbar sein, dass ich schließlich einen Fahrer fand, der mich für 60 Pfund fuhr, womit bereits eine Stunde nach meiner Ankunft mein gesamtes Geld weg war. Und das, wo ich am Bremer Flughafen für heute schon genug erlebt hatte!

Vor meiner Abreise hat die Flugsicherheit das Durchsuchen gesetzt. Bei einem Rucksack mit 2 Handys, einem Mini-Disc-Player, einer Videokamera und einer digitalen Foto-Kamera kann das schon mal einige Zeit in Anspruch nehmen. Als ich dann, ein paar Minuten vor dem Abflug, über die Sprechanlage zum Terminal 20 zurückgerufen wurde, hoffte ich nur, dass Flugzeug würde nicht ohne mich starten. Terminal 20 befand sich nämlich dort, wo ich zuvor meinen Koffer aufgegeben hatte. Also zurück durch den Metalldetektor und runter zum Check-in. Dort erwartete mich schon ein Mann: „Kommen Sie bitte mit!“ Durch zwei Panzertüren mit Chipkartenschloss wurde ich zu den Laufbändern des Koffertransports gebracht. Ein Bundesgrenzschutzbeamter nahm mich in Empfang und führte mich durch die riesige Halle zu einem Computerterminal, an dem ich meine Reisetasche wiederentdeckte.

Was zum Teufel hatte ich denn eingepackt?? Rindfleisch, radioaktive Kernspalt-Abfälle? *grübel* Nein, das lagerte alles brav daheim in meinem Kühlschrank.
„Ist das Ihre Tasche?“ fragte mich die Frau hinter dem Bildschirm mit der Röntgenaufnahme meines Hab und Guts. „Ja“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

„Würden Sie bitte die Wunderkerzen rausnehmen.“