Zeugnissprache

Um zum Examen zugelassen zu werden, benötigt man (neben den großen und kleinen Scheinen der 3 Rechtsgebiete) den Nachweis eines Grund- und Schwerpunktpraktikums. Um Letzteres überhaupt antreten zu dürfen, muss man dem Justizprüfungsamt (JPA) belegen, dass das Grundpraktikum bereits absolviert wurde. Dafür bat ich meine ehemalige Ausbildungsstelle um die notwendige Bescheinigung. Das erforderliche Schriftstück erhielt ich prompt. Der Text schmälerte allerdings die erste Freude:

„… hat an dem Praktikum durchgehend teilgenommen und wurde hierbei mit allen wesentlichen anwaltlichen Tätigkeiten vertraut gemacht. Sie hat die ihr übertragenen Aufgaben ihrem Wissensstand entsprechend mit gutem Erfolg erledigt.“

Die Passage „ihrem Wissensstand entsprechend“ erinnerte mich stark an die berühmt berüchtigte Zeugnissprache. Ganz nach dem Motto „Sie bemühte sich den Anforderungen gerecht zu werden“ oder „Sie hat sich im Rahmen ihrer Fähigkeiten eingesetzt.“ Ein Beleg für Unfähigkeit und Faulheit. – Habe ich mich wirklich so ungeschickt angestellt?

Drei kleine Worte und ich hatte das Gefühl, total versagt zu haben. Zum Glück muss ich das Schreiben keiner Bewerbung beilegen. Es wird nur für’s JPA benötigt und soll im Original vorgelegt werden. Ich kramte die Mitteilung noch einmal hervor, in der über die inzwischen vergessenen Anforderungen an Zusendung und Bescheinigung informiert wurde:

„Daraus muss hervorgehen, dass Sie an dem Praktikum durchgängig teilgenommen und dass Sie die Ihnen übertragenen Aufgaben Ihrem Wissensstand entsprechend wahrgenommen haben.“

Ein erleichtertes Lächeln huschte über mein Gesicht. Das war gar keine versteckte Leistungskritik. Meine Ausbildungsstelle hatte sich nur an die bindende Vorgabe gehalten. Zumindest bis auf eine kleine Abweichung: „Mit gutem Erfolg“.

Klausurvorbereitung

Hannelore Krumpp (K) ist Franchisenehmerin von „Dentalmed“ in Hamburg. Auf einer Radtour durch den Harz verunglückte sie am 1. Mai 1997 auf einer nicht asphaltierten Forststraße vom Brocken hinunter nach Wernigerode schwer. Zu dem Unfall war es gekommen, weil auf einer holprigen Wegstrecke das mit einem sogenannten Schnellspanner gehaltene Vorderrad infolge nicht mehr richtig sitzender Hebelstellung aus der Halterung gesprungen war.

Der Sturz endete für K mit Brüchen des linken Unterarms und des linken Schlüsselbeins, schweren Kopfverletzungen sowie zahlreichen Prellungen und Hautabschürfungen. K wurde 10 Tage lang in einem Krankenhaus in Wernigerode behandelt und mußte anschließend für weitere 14 Tage das Bett in ihrer Hamburger Wohnung unter ärztlicher Aufsicht hüten. Ihr Geschäft mußte K für drei Wochen schließen. In dieser Zeit konnte sie auch die sonst aushilfsweise zu Bruttokosten von 230 DM pro Woche bei ihr tätige Studentin Carolin nicht beschäftigen.

Das von K gefahrene Trekking-Fahrrad wird von dem tschechischen Zweiradhersteller Z in Kladno gefertigt. In die Bundesrepublik eingeführt wird es von dem Zweirad-Großhändler G in Hannover. G vertreibt das Fahrrad mit dem ursprünglichen Markennamen „Kocka“ (Katze) unter dem Handelsnamen „Wildcat“. Geliefert wird das Fahrrad auf Modulbasis, so daß es von den Fahrradhändlern nach Kundenwünschen in unterschiedlicher Ausstattung endmontiert werden muß. K hatte das Fahrrad am 18. Oktober 1996 bei dem Hamburger Fachhändler „Radschlag“ GmbH (R) zum Preis von 1850 DM gekauft. R hatte das Fahrrad nach Wünschen der K angepaßt und montiert.

Nach der für Fahrräder im öffentlichen Straßenverkehr geltenden DIN 79 100 kann bei Verwendung von Naben mit Schnellspannern der Vorderradhalter entfallen. Dessen ungeachtet tauchten in den Jahren 1995/96 in der Fachpresse im Zusammenhang mit Touren- und Testberichten Hinweise auf gefährliche Zwischenfälle bei Fahrrädern der Marken „Kocka“ bzw. „Wildcat“ auf. Vor allem vor robusteren Fahrradtouren war es demnach geboten, Schnellspanner auf die richtige Stellung zu überprüfen. Auch dem bei R für die Technik verantwortlichen Geschäftsführer Martin (M) waren solche Meldungen zu Ohren gekommen; sie hatten ihn aber nicht zu Anweisungen im Hinblick auf die Kundenberatung veranlaßt.

Die mitgelieferte Betriebsanleitung, die von G ins Deutsche, Englische und Französische übersetzt worden ist, enthält keinen Hinweis auf die Notwendigkeit, die richtige Stellung des Spannhebels jeweils vor Fahrtantritt zu überprüfen.

Für Qualitätssicherung und Produktsicherheit im Bereich Fahrrad ist bei G die Vertriebsingenieurin Imke (I) verantwortlich. Sie gehört zugleich einem Arbeitskreis „Zweiradsicherheit“ des DIN (Deutsches Institut für Normung e.V.) an. Dort sind Probleme mit Befestigungshebeln am Vorderrad bereits erörtert worden, konkrete Empfehlungen wurden bisher nicht gefaßt. Bekannt ist, daß andere Hersteller aus Sicherheitsgründen dazu übergegangen sind, bei Schnellspannvorrichtungen Vorderradhalter als Ausfallsicherungen einzubauen. I hatte sich das Thema „Probleme mit dem Schnellspanner“ für die nächste routinemäßige Besprechung mit dem Hersteller in Kladno notiert, war aber aufgrund ihrer Arbeitsüberlastung bei G (sie ist dort allein verantwortlich für Fragen der Produktsicherheit von insgesamt sieben Zweiradherstellern) zu Entscheidungen und Maßnahmen noch nicht gekommen.

Z bestreitet seine Haftung damit, dass seine Konstruktion einschlägigen Normungsanforderungen entspreche und deshalb kein Fehler vorliege. Werde die richtige Stellung des Schnellspannhebels vom Fahrer nicht geprüft, dann werde das Fahrrad nicht bestimmungsgemäß gebraucht; das falle jedoch in die Verantwortung der Kunden. G macht geltend, dass sie lediglich Importeurin und Großhändlerin und deshalb für die Qualität von Konstruktion und Instruktion nicht verantwortlich sei. Das besondere Gefahrenwissen ihrer Mitarbeiterin I könne ihr nicht zugerechnet werden. I verweist auf Überlastung und die nicht abgeschlossene Meinungsbildung der Experten. M und R bestreiten, dass den Fahrradhändler irgendeine produktbezogene Haftung treffen könne.

Welche Ansprüche wird K bzw. ihr Krankenversicherer Euro-Versicherungs AG (EVAG) durchsetzen können?

Wer möchte lösen?

Wer hat überhaupt bis hierhin gelesen?

RkReÜAÜG

RkReÜAÜG kommt aus Mecklenburg-Vorpommern und zeigt dem Durchschnittsbundesbürger, dass es seine unumstrittene Berechtigung hat, Rechtswissenschaft zu studieren. Wer sonst – wenn nicht ein versierter Jurist – könnte aus dem Stehgreif übersetzen, für oder gegen was RkReÜAÜG erlassen wurde? Stolz protze ich also mit meinem Wissen und verrate zumindest so viel: Es geht um BSE. Ein Thema, welches dafür verantwortlich ist, dass ich mir das Essen von Rindfleisch abgewöhnt habe. Vielleicht hilft mir RkReÜAÜG mein verlorenes Vertrauen in dieses Nahrungsmittel zurückzugewinnen … wenn ich in Mecklenburg-Vorpommern wohnen würde. Hier in Bremen hat RkReÜAÜG noch nicht Einzug erhalten.

RkReÜAÜG – Ein Gesetz, wie ein Gedicht. Zugegeben, ein Gedicht von Kurt Schwitters, aber wie sonst sollte man das Rindfleischkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz abkürzen?

Regen, Regen, Regen, Sturm

Weil am Morgen eine Klausur im Familien- und Erbrecht auf dem Plan stand, war der Tag per se schon mal kein Highlight meines Lebens. Dass man diesen schlechten Start aber noch toppen konnte, hätte ich nicht gedacht. Leider wurde ich eines Besseren belehrt.

Erstmal brach ein Platzregen über mich herein, als ich gerade unterwegs zur Uni war – mit dem Fahrrad. Durch die heftigen Orkanböen kam das Gute nicht nur von oben, sondern auch von vorn, links und rechts. Natürlich NIE von hinten, denn das hätte ja Rückenwind bedeutet und mich eventuell schneller vorwärts kommen lassen. Es war wie Fahrradfahren im Fitness-Center: Man radelt und radelt und kommt doch nicht vom Fleck. Allerdings war’s nasser. So nass, dass ich vollkommen aufgeweicht in der Uni ankam. (Nachdem mich der Sturm noch 2 mal in die Böschung geweht hatte.)

Während der 3-stündigen Klausur habe ich vor Eiseskälte durchgehend gezittert wie Espenlaub. Bei dem verzweifelten Unterfangen, mich mit meiner (klitschnassen) Jacke zu wärmen, sogen sich meine Arbeitsblätter und Gesetzestexte voll Wasser. Zum Schluss gab ich eine leicht gewellte Klausur ab und hoffte, dieser Horror hätte nun ein Ende. Doch Hoffnung ist eine zerbrechliche Sache. Der Versuch, mir mit guter Musik noch den Tag zu retten, brachte nur eines hervor: Die Erkenntnis, dass mein Mini-Disc-Player (Wert 400 DM) aufgrund von Feuchtigkeit seine Funktion dauerhaft eingestellt hatte. Aber immerhin regnete es nicht mehr!

Ich schwang mich auf mein Rad und trat den Heimweg an. Keine 2 Minuten darauf regnete es wieder. Immerhin hatte ich jetzt Rückenwind.

Sparsam wird man Rechtshistorikerin

Wie wird aus einer schnöden Jurastudentin im Handumdrehen eine Rechtshistorikerin an der Universität Bremen?
Sie besucht die Zivilrechtsvorlesung des Prof. Dr. Derleder und ist dabei ausgestattet mit dem aktuellen BGB des Beck-Verlags. Keine 10 Minuten später erfolgt die Ernennung durch den Dozenten.

Der Hörsaal war schlagartig voll mit Rechtshistorikern. Dass Dr. Derleder davon unbeeindruckt seine Lehrveranstaltung am neuen Recht orientierte, schien da wenig zielgruppenfreundlich. „Neu“ ist das Recht seit 8 Tagen und als wäre die Schuldrechtsreform nicht lang genug angekündigt worden, kommt das neue Beck-BGB erst in einem Monat raus. Angehende Juristen mit Schönfelder-Abo bringt das nicht aus der Ruhe, doch als arme Studentin nutze ich das preiswerte Taschenbuch für 5 €, das ich mir erst vor 4 Monaten zugelegt hatte. Der Sparsamkeit seiner Zuhörer wohl bewusst, gab uns der gut situierte Professor den Hinweis: „Das BGB der Anwaltsreihe steht bereits jetzt zum Verkauf und kostet nur 9 DM … (kurze Pause) … Euro.“

Da kopiere ich mir doch lieber für 1 € das Bundesgesetzblatt. Aber vorerst genieße ich noch meine neu erworbene Berufsbezeichnung.

Das berauschende Gefühl der Freiheit

Ich komme gerade von meiner letzten Vorlesung in diesem Jahr. Damit sie in nachhaltiger Erinnerung bleibt, haben wir heute, zum krönenden Abschluss, eine Klausur zum neuen Mietrecht geschrieben.

Jedes Mal, wenn ich den letzten Satz in einer Klausur vollendet und die DIN A 4 Blätter mit 1/3 Rand und Deckblatt beim Aufsichtspersonal abgegeben habe, durchströmt mich ein berauschendes Gefühl der Freiheit. Plötzlich erscheint wieder alles möglich. Die Zeit der Entbehrung zur Vorbereitung auf die Klausur hat ein Ende, nun geht das Leben in vollen Zügen weiter! Um diese Euphorie verstehen zu können, muss man einen Blick in die Zeit davor werfen:

Nur noch wenige Tage bis zur Klausur, ich sollte mich vorbereiten. Meine Absichten sind gut, aber irgendwie kommt ständig was dazwischen und sei es auch nur die Serie im Fernsehen, die ich eigentlich noch nie leiden konnte. Auf einmal gewinnt jede Kleinigkeit an Bedeutung, solange sie bloß nichts mit der Materie Jura zu tun hat. In dieser Zeit bin ich ein wahrer Quell an kreativen Ideen, die natürlich alle nach einer sofortigen Umsetzung verlangen. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, mal wieder das Klo zu putzen, weil alles glücklicher macht, als für eine Klausur zu lernen. Bevor die Stimmung in Schuldgefühle umschlägt, handle ich schließlich und beginne mit der Vorbereitung. 24 Stunden vor Klausurbeginn. Meist wird die Nacht dabei zum Tag und wenn’s gut läuft, bekomme ich noch 2 Stunden Schlaf bevor ich zur Uni muss. Kurz davor keimt freudige Erwartung in mir auf. Was wird mich für ein Sachverhalt erwarten? Welche Normen werden einschlägig sein? Wie wird sich der Fall lösen lassen?

Während des Schreibens kenne ich keine Nervosität. Lediglich eine unterschwellige Sorge, nicht in der verfügbaren Zeit fertig zu werden. Am Ende bin ich meistens von meinem Werk überzeugt und gebe die Arbeit mit einem positiven Gefühl ab. Die Erfahrung lehrte mich leider, dass dieses letztlich in keinem Zusammenhang mit der Bewertung steht. Dann verlasse ich den Tatort und schreite stolz zu meinem Fahrrad an der Laterne vor dem Hörsaal, wo es mich schon erwartet: Das berauschende Gefühl der Freiheit!

Richter-Regen

Wieso geh ich eigentlich noch zur Uni? Nachdem ich mich heut mal durch das Nachmittags-Programm gezappt habe, könnte das lästige Aufstehen um 7 Uhr in der Früh und das passive Zuhören im Hörsaal ab jetzt der Vergangenheit angehören! Mit einem „Fern – seh – studium“ kann man als angehende Juristin täglich bis zu 8 Fälle behandeln. Und das nicht so lebensfremd wie in diversen Vorlesungen, wo V dem K ein Fahrrad leiht, dass K dann an D veräußert, ohne dass V davon Kenntnis hat usw. Nein! Bei Richterin Salesch & Co. bekommen Buchstaben Gesichter und man hört nicht nur die Fakten, sondern auch Persönlichkeiten und ihre Schutzbehauptungen. Das ist das wahre Leben! Und das 4 mal am Tag! Richterin Barbara Salesch auf Sat.1, Richter Guido Neumann im ZDF, Richterin Dr. Ruth Herz auf RTL und Richter Alexander Hold auf Sat.1 im Wechsel. Von ihrem Enthusiasmus könnte sich so mancher Professor noch eine Scheibe abschneiden! Sollte mir mit dieser neuen Methode das Examen gelingen, habe ich endlich meinen ultimativen Traumjob gefunden: Juristin beim Fernsehen!

Erwachet!

Morgens, halb zehn in Deutschland:

Ich lag noch im Bett – erst seit 3 ½ Stunden – um wenigstens etwas Schlaf vor der Klausur zu bekommen, da klingelte es an der Tür. Wer kann das sein? Postbote? Päckchen? Ich schlurfte zur Sprechanlage: „Guten Morgen!?“ – „Guten Morgen! Mein Name ist (hab ich vergessen). Ich wollte Sie einmal fragen, ob Sie glauben, dass es eine Regierung gibt, die alle Interessen der Menschen vertritt?“ – Studentin? – Zumindest war die Antwort leicht: „Nein.“ – Wahlhelferin? – „Wenn ich Ihnen mal einen Auszug aus der Bibel vorlesen dürfte?“ – Jehovas Zeugin! – Kaum war ihre Angehörigkeit aufgeklärt, legte sie auch schon los.

Vielleicht hätte ich meine Sprechanlage allein und sie einfach lesen lassen sollen. So, wie es ihr heute noch öfter passieren wird, wenn sie Glück hat. Wenn sie Pech hat, darf sie sich wüste Beschimpfungen an den Kopf werfen lassen und wird dennoch freundlich bleiben. So unerschütterliche Zeugen sieht man als Jurist selten.
Im Gegensatz zu den meisten ihrer heutigen Auserwählten hatte ich einen für sie nachvollziehbaren Grund, ihre Bekehrung zu unterbrechen: „Bitte entschuldigen Sie mich, aber ich bin Studentin und schreibe in wenigen Stunden eine Klausur, auf die ich mich noch vorbereiten muss.“ – Vom anderen Ende der Leitung wurde mir sofortiges Verständnis entgegengebracht. „Darf ich Ihnen den noch eine Ausgabe unserer Zeitschriften in den Briefkasten werfen?“ Na, aber sicher! Wachturm und Erwachet, die Kulthefte schlechthin! Keiner liest sie, aber alle kennen sie. „Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Klausur und vielleicht passt es Ihnen ein andermal?“
Ich kann’s kaum erwarten. Kostenloses Heimbibelstudium bei Tee und Keksen. Jippie Jehova!

Juristen, geht wählen!

Heute war der Tag! Heute sollte ich über die Zukunft der Bremer Universität entscheiden, einen Weg aufzeigen, die Wende einläuten – kurz: Wählen gehen!

Aufgrund der bisherigen Wahlbeteiligung von nur 7,1% (!!!) wurden die Wahlen bis Dienstag verlängert. Im Hörsaal hatte der „AStA für alle“ am Morgen Flugblätter für die wahlfaulen Kommilitonen verteilt und hoffte mit der großzügigen Überschrift „Juristen, geht wählen!“ auf Besserung. Während der Vorlesung schmiedete ich den Schlachtplan.

Welche Informationen hatte ich bis jetzt erhalten? Letzte Woche erfuhr ich von der Naturwissenschaftsliste und dem AStA. Seit heute kommt der „AStA für alle“ hinzu und in der Uni hingen noch Plakate von der „Feministischen Liste“ und der „Liste gegen Rechts“. Hört sich schon mal gut an. Aber wen soll ich jetzt wählen? Und sind das überhaupt schon alle? Vielleicht sollte ich einfach überall ein Kreuz machen, dann wird keiner benachteiligt und die Chance zu gewinnen ist viel größer! – Vielleicht aber auch nicht. – Am Ende der Vorlesung hatte ich mich dann entschieden: Ich entscheide mich spontan!

Der Gang zur Wahlurne war ein bedeutender Gang. Ich spürte förmlich, wie all die Hoffnung auf mir lastete. „Jede Stimme zählt!“ hallte es durch den Raum. Das Lächeln der Wahlhelferin symbolisierte deutlich: Sie hatten auf mich gewartet! Selbstsicher lächelte ich zurück, denn ich wusste, was zu tun war. Entschlossen griff ich zum Kugelschreiber. Jetzt war der Moment gekommen! Ich setzte an, und … „Hast Du Deinen Wahlausweis dabei?“

Mist!

AS Info-Veranstaltung

Ich komme gerade von einer… wie soll ich es nennen? – Verkaufsveranstaltung!

Etwa 1 1/2 Stunden versuchten mich zwei äußerst engagierte „Verkäufer“ von einem Produkt namens AS zu überzeugen. Um die Präsentation möglichst anschaulich zu gestalten, bedienten sich die Vortragenden Müller und Müller eines Notebooks in Verbindung mit einem Tageslichtprojektor. Auf Knopfdruck schoben sich so, recht elegant, ausgewählte Worte auf die hohe Wand des Saales, und Bilder erschienen wie aus dem Nichts. Ich kam nicht umhin, mir Gedanken zu machen: Ob sie das mit PowerPoint programmiert haben?

Müller und Müller waren trotz ihrer Namensgleichheit leicht zu unterscheiden. Der eine trug ein lila Hemd und hatte eine Brille. Der andere trug ein rosa Hemd und hatte keine Brille. Müller m.B. nahm sich Themen wie „Inselhopping“ an und ließ keinen Zweifel daran, dass AS sich durch absolut flächendeckende Behandlung von anderen Anbietern abhebt. Müller o.B. setzte mit „super Connections“ noch einen oben rauf. Oder ist das vielleicht eine Art Flashprogrammierung?

Für nur 225,- DM im Monat erschloss sich einem die Chance auf ein Systemverständnis plus Optimierung und ergänzend dazu wurden sogar noch parallele Zusatzveranstaltungen angeboten!
Am Ende der AS-Info-Veranstaltung bekam ich jedoch nicht einmal ein Kaffeeservice oder eine Wurstplatte geschenkt! Stattdessen eine Loseblattsammlung mit Grundstrukturen und Aufbauschemata im Zivilrecht. Ich hab es trotzdem mitgenommen. Kann ja nicht schaden. Und vielleicht lass ich mir die Sache mit dem Alpmann Schmidt Jura Repetitorium (=Unterricht zum Zwecke der Wiederholung des dargebotenen Stoffes) mal durch den Kopf gehen. Die Präsentation war ja sehr eindrucksvoll.

PS: Laut Information einer Kommilitonin sollen die Wahlen angefochten werden.